Ausstellungskalender Weimarer Land
Nachfolgend finden Sie Ausstellungstermine im Kreis Weimarer Land. Eine Übersicht über aktuelle Veranstaltungstermine finden Sie auf der Seite Veranstaltungen Weimarer Land.
Nachfolgend finden Sie Ausstellungstermine im Kreis Weimarer Land. Eine Übersicht über aktuelle Veranstaltungstermine finden Sie auf der Seite Veranstaltungen Weimarer Land.
Ausstellungsstart
Salvador Dalí (1904-1989) ist weltbekannt. Zunächst als Surrealist – mit nicht geringem Selbstbewusstsein: „Der Surrealismus bin ich!“ Seine Markenzeichen: hochgezwirbelter Schnurrbart, Gehstock, weit aufgerissene Augen und ein Ozelot. Man muss die internationalen Zeitungen bedienen, egal wie. Skandale steigern die Aufmerksamkeit! Die andere Seite Dalís ist eher wenig bekannt. Er war ein herausragender Denker. Schon die zerfließenden Uhren sind nicht nur in der Sonne geschmolzener Camembert. Vielmehr sollen sie zum Nachdenken über die zerfließende Zeit anregen. Und: Dalí blieb nicht beim Surrealismus. Er wollte malen können wie die Künstler der Renaissance. Später entwickelte er die „nukleare Mystik“; er schrieb Bücher, komponierte, schuf Filme und Plastiken. Sein Ziel: Dem Leben auf den Grund gehen. Mathematisch - naturwissenschaftliche Erkenntnisse interessierten ihn ebenso brennend wie die psychologisch-psychoanalytischen Werke von Sigmund Freud. Eros und Tod beschäftigten Dalí zeitlebens. Dabei stieß er immer wieder auf einen letzten Grund - Gott. „Den Himmel habe ich die ganze Zeit durch die Dichte des verwirrten Fleisches meines Lebens hindurch gesucht – den Himmel!“ schrieb er 1941 im Nachwort seiner Autobiografie. „Und was ist er? Wo ist er? Der Himmel ist weder oben noch unten, weder rechts noch links, der Himmel ist exakt mitten im Herzen des Menschen, der glaubt! ENDE“ – Und ein letzter Satz: „Bis zu diesem Augenblick habe ich noch keinen Himmel gefunden, und ich fürchte, dass ich ohne Himmel sterben werde.“
Hat Dalí später doch „gefunden“? Oder ist die Vielzahl seiner religiösen Bilder Ausdruck seines immerwährenden Suchens? Wer will das entscheiden?
Den Höhepunkt seiner Beschäftigung mit dem christlichen Glauben bildet zweifellos der Zyklus „Biblia sacra“. 1963 beschloss Dalí, diesen Zyklus zu malen. In den nächsten anderthalb Jahren hat er 105 Gouachen in Mischtechnik gestaltet. Ein unglaubliches Arbeitspensum in so kurzer Zeit! Diese Bilder wurden von einer Ausnahmewerkstatt in Mailand als Serigrafien/ “Originallithografien“ in einer limitierten Auflage von 1797 Exemplaren hergestellt. 1967 wurden die Originalgouachen und die Serigrafien in New York nebeneinander ausgestellt. Auch Kunstsachverständige konnten die Gouachen nur an einem erkennen: sie waren durch die verwendeten Farben leicht gewellt.
Im Kunsthaus Apolda Avantgarde werden alle 105 Bilder als „Originallithografien“ ausgestellt.
Drucksachverständige bewundern die Werke und sind sicher: Der Aufwand, der betrieben wurde, damit die Serigrafien den Anforderungen Dalís genügten, muss wirtschaftlich desaströs gewesen sein. Bei genauer Betrachtung der Blätter sind glänzendes Schwarz, glänzendes Rot, Metallic-, Gold-, Silberfarben und vieles mehr zu entdecken. Das ist unüblich bei gewöhnlichen Lithografien.
Betrachten wir das Bild von Maria mit Jesuskind, zeigt sich das Zusammenspiel von künstler- und denkerischer Leistung sehr gut. Eine grandiose Farbmischung zeigt Maria in einem warmen Blau. Das Jesuskind, im Stil der Renaissance gemalt, blickt die Betrachtenden an. Mit seinen Händchen zeigt es nach oben und unten. Sein Ziel ist es, Himmel und Erde zu verbinden. So liebevoll Maria ihn anschaut: Sein Vorhaben macht ihr Angst und färbt ihr Gesicht grau. Ihre Beine sind ausgebreitet. Er wird tot auf ihrem Schoß liegen; um es für die Betrachtenden zu verdeutlichen, hat Dalí einen Blutfleck auf ihr Kleid gemalt. Freude über das Neugeborene und Pietà in einem Bild! Im Hintergrund ist Bethlehem zu sehen. Über eine Brücke führt Josef einen Esel mit Maria und dem Kind. Die Baumschatten zeigen an: Die Sonne wird gleich untergehen. Der kleinen Familie wird nachgestellt. Sie muss in die Nacht hinein fliehen. Sie entkommen nicht unerkannt. Sitzt da doch noch ein Angler. Ob er verrät, in welche Richtung sie gehen?
Aber nicht nur bekannte Motive gewinnen durch Dalí Spannung und neue Lebendigkeit.
Im Bild von David und Goliath fragt Dalí voller Schrecken, weshalb Menschen (hier: Goliath) sich dunklen Mächten verschreiben und bereit sind, andere zu unterdrücken oder gar auszulöschen.
105 Bilder – jedes mit einer eindrücklichen Botschaft. Dalí war ein glänzender Theologe und würde noch heute jedes theologische Examen mit Auszeichnung bestehen.
In den Jahren 1964-65 durchlebte er eine Lebenskrise. Er war mit dem Verkauf seiner Bilder er schwerreich geworden. Aber seine Frau Gala war spielsüchtig und hat Unsummen in Casinos verspielt. 1964 war er bankrott. Zudem hatte Gala 1963 im zwanzigjährigen US-Amerikaner William Rothlein den „jungen Dalí“ gesehen. Verliebt zog die Siebzigjährige mit Rothlein ans Grab von Romeo und Julia. Dort schworen sie sich ewige Liebe. Dalí hatte Galas andere Affären toleriert; aber nun musste er erstmals fürchten, sie zu verlieren. Für ihn ein unerträglicher Gedanke. Seine tiefe Angst zeigt er in mehreren Bildern. Am eindrücklichsten in „Jesus auf dem Meer“. Dort findet sich ein Selbstbildnis knapp oberhalb der Wasserfläche – als ob er rufen wolle: Lass mich nicht untergehen!
Trotz seiner Krise: Dalís Bilder sind nicht depressiv. Vielmehr spürte er der Kraft nach, die er in der Botschaft Jesu hörte. Aber: er äußerte auch deutliche Kritik an der Kirche. So erlebte er die Peterskirche in Rom als verschlossen und malt einen Balken vor die Tür. Ein wahrer Petrus wird wie Johannes XXIII auf diese Kirche mit einem Schlüssel zu rennen, den Balken entfernen und die Tür aufsperren. Dalí ist sicher: Das Evangelium ist für die Menschen da. Es gibt Hoffnung. So malt Dalí im Wortsinn „bewegende“ Osterbilder. In allen findet sich Bewegung – und immer wieder lockt Dalí aus den Betrachtenden ein Lächeln oder Lachen und zieht sie hinein ins Geschehen.
Auch wenn sich die Erkenntnis erst noch durchsetzen muss: Die 105 Bilder von Dalís Zyklus „Biblia Sacra“ stellen den Höhepunkt christlich-religiöser Kunst im 20. Jahrhundert und weit darüber hinaus dar.
Kurator: Dr. Herbert Specht
8€/7€